Zur
Einführung
Friedemann
Hellwig: 1938 bin ich in Lübeck als Sohn des Geigenbaumeisters Günther Hellwig
und der Handweb- und Stickermeisterin Alen Müller
Hellwig
geboren, habe meine Meisterprüfung als Geigenbauer abgelegt und war von
1963 bis 1986 als Restaurator für historische Musikinstrumente am
Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg tätig (Leiter der Sammlung
Historischer Musikinstrumente war bis 1983 Dr. J. H. van der Meer).
Während dieser Jahre habe ich Restaurierungsarbeiten in Florenz nach
der Überflutung vom November 1966 getätigt und dabei Entscheidendes von
Kollegen aus anderen Ländern gelernt. Im Germanischen Nationalmuseum
habe ich auch meine Frau, die Kunsthistorikerin Dr. Barbara Hellwig,
gefunden. In den Jahren 1977 bis 1883 habe ich als Präsident des
Internationalen Komitees für Musikinstrumentenmuseen (CIMCIM)
im Internationalen Museumsrat (ICOM) gedient. - Für 18 Monate oblag mir
die Leitung der Restaurierungswerkstätten des Rheinischen Museumsamtes
Brauweiler; danach erfolgte ein Ruf an die Fachhochschule Köln (heute
Technische Hochschule Köln). Dort bin ich von 1988 bis zum Eintritt in
den Ruhestand im Jahre 2003 als Professor für die Restaurierung und
Konservierung von Kunst- und Kulturgut aus Holz tätig gewesen.
Was
ist nun im "Ruhestand" wichtig, und was macht Freude? Mein Gehör ist
inzwischen so schlecht, dass ich Musik nicht mehr recht genießen kann.
Das bedaure ich sehr, denn die Musik war immer das Zentrum meiner
Tätigkeit.
Während
der letzten Jahre meines Berufslebens waren die studentischen
Exkursionen zum Arbeiten im ehemaligen Konzentrationslager
Auschwitz-Birkenau zu einem Drehpunkt des Denkens geworden, und auch
hier in Hamburg gibt es bei der Aufarbeitung der jüngeren deutschen
Geschichte genug zu tun, z.B. im Verein
zur Erforschung der Geschichte der Juden
in Blankenese, dessen Vorsitz ich 2012 übernommen habe und im
Januar
2025 weiterreichen konnte. Durch die Vereinsarbeit haben wir neue
Freunde in Israel gewonnen. Und der Name des Vereins konnte mit einer
umfangreichen Publikation erfüllt werden: "Menschen, die plötzlich
nicht mehr da waren". Jüdisches Leben in Hamburg-Blankenese,
Hamburg (Dölling und Galitz Verlag) 2024, 782 Seiten.
Ein
großes Projekt war die Neuauflage von Günther Hellwig: "Joachim Tielke.
Ein Hamburger Lauten- und Violenmacher der Barockzeit". Daraus ist ein
vollständig neues, umfängliches Buch geworden. "Joachim Tielke. Kunstvolle
Musikinstrumente des Barock",
gemeinsam mit meiner Frau erarbeitet, ist im Herbst 2011 im Deutschen
Kunstverlag erschienen und im Buchhandel erhältlich. 2020 ist ein
kleiner Ergänzungsband erschienen. Damit ist die eigene Beschäftigung
mit diesem Thema abgeschlossen; das Tielke-Archiv ist vor kurzem in das
Museum für
Kunst und Gewerbe in Hamburg überführt.
Die Mitwirkung bei Kunst
& Krempel,
der Sendung des Bayerischen Fernsehens, habe ich schon 2009 beendet. -
In der Redaktion der Zeitschrift des Verbandes der Restauratoren (VDR) tätig zu
sein, hatte mir Freude gemacht. Jüngere haben meine bisherigen Aufgaben
2019 übernommen. - Ebenso
habe ich 2019 meine Mitarbeit im Vorstand der Internationalen Dieterich Buxtedude
Gesellschaft aufgegeben. - Nach der Havarie des Lotschoners No. 5 Elbe werde ich nach
dessen Wiederherstellung nicht mehr als Smutje, sondern zusammen mit
Barbara nur noch als Gast mitfahren.
Anlässlich meines 80. Geburtstages wurde mir
eine riesige Freude und große Ehre zuteil: Drei Kollegen und Freunde
haben eine Festschrift
für mich zusammengetragen und im Verlag des Germanischen
Nationalmuseums, meiner frühen Arbeitsstätte, herausgebracht - 24
Beiträge in deutscher und englischer Sprache von 27 Autoren und
Autorinnen aus sieben Ländern! Zu meiner großen Überraschung soll mir
am 7. Juni 2025 in Savannah, Georgia, der Curt Sachs Award
der American Musical Instrument Society
zugesprochen werden.
Das von einem verstorbenen Vetter
übernommene Material zur
Familiengeschichte
systematisch zu ordnen, ist eine Arbeit, die mich auch sehr beschäftigt
und rein räumlich den Platz des abgegebenen Tiele-Archivs ausfüllt.
Untätig
bin ich also nicht, fühle mich wohl dabei, bin aber doch froh, dass
manche Unternehmungen zu ihrem Abschluss gekommen sind.
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